Mehr Pflanzenbau für die menschliche Ernährung
Vegane oder vegetarische Ernährung liegt im Trend. Im Gegensatz dazu sinkt der Konsum von Milchprodukten und Fleisch. Wie wirkt sich diese Entwicklung auf die landwirtschaftliche Produktion in der Schweiz aus?
Wer ab und zu in einem Bio- oder Hofladen einkauft, stellt fest, dass das Angebot an Hülsenfrüchten in den letzten Jahren breiter geworden ist: Linsen, Kichererbsen oder sogar der Biosoja im Tofu stammen aus der Schweiz. Im Gegensatz zu tierischen Nahrungsmitteln, wo der Netto-Selbstversorgungsgrad bei rund 74 Prozent liegt, beträgt er bei den pflanzlichen Lebensmitteln nur 40 Prozent. In den letzten Jahren war er sogar tendenziell rückläufig. Doch diese Produkte bewegen sich in einer verschwindend kleinen Nische. Auf dem Weg zu einer nachhaltigen und klimaschonenden Landwirtschaft ist der Ausbau dieser Produktion eine wichtige Massnahme.
Ein konkreter Schritt dazu wäre die Gleichstellung pflanzlicher Produkte für die menschliche Ernährung mit dem Futtermittelanbau. Im Moment bekommt Einzelkulturbeiträge von 1000 Franken pro Hektare und Jahr, wer Ackerbohnen, Eiweisserbsen oder Lupinen als Tierfutter anbaut. Wer aber Linsen, Kichererbsen oder andere Kulturen für den menschlichen Konsum anbaut, erhält keine solchen Beiträge.
Öffnung der Einzelkulturbeiträge in Sichtweite
Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) gibt auf Anfrage bekannt, dass die Öffnung der Einzelkulturbeiträge bei Körnerleguminosen Teil des Verordnungspakets 22 sei, welches nächstens in die Vernehmlassung gehe. Damit stehen die Chancen gut, dass ab 2023 auch Körnerleguminosen für die menschliche Ernährung von diesen Beiträgen profitieren können. Gemäss David Brugger vom Bauernverband ist zudem die Entwicklung einer nachgelagerten Wertschöpfungskette für diese Produkte besonders wichtig.
Ausbau der Wertschöpfungskette hat Priorität
Auf die fehlende nachgelagerte Wertschöpfungskette weist auch Kilian Baumann hin. Die Schweiz sei in diesem Bereich im Hintertreffen und hätte früher aufspringen sollen. Bereits im Mai 2020 hat er in einer Motion eine Förderung und bessere Bedingungen für Fleischersatzprodukte gefordert. Auch müsse der Absatz von pflanzlichen Produkten aus der Schweiz stärker gefördert werden. Wie das geht, zeige die mit Bundesgeldern unterstützte Kampagne für Schweizer Fleisch. Schliesslich wäre auch der Grenzschutz eine wichtige Stellschraube. Denn von der gegenwärtigen Regelung profitiert vor allem die bodenunabhängige tierische Produktion durch den günstigen Import von Futtermitteln, die beim Zoll gegenüber den Produkten für die menschliche Ernährung privilegiert sind.
Die Stärkung der Produktion von pflanzlichen Nahrungsmitteln verlangt ein Umdenken. Dabei sind sich Baumann und Brugger einig: Wenn der Absatz da ist und eine Wertschöpfungsperspektive besteht, sind die Bäuerinnen und Bauern rasch bereit, ihre Produktion umzustellen.
(Dieser Text ist die gekürzte Fassung eines Artikel in Agricultura 1/22, der Zeitschrift der Kleinbauern-Vereinigung.)