Gemäss Klimastrategie Landwirtschaft sollen bis 2030 die Emissionen der Landwirtschaft um 22 Prozent und bis 2050 um ein Drittel gegenüber 1990 reduziert werden. Agroscope, die landwirtschaftliche Forschungsstelle des Bundes, hat in verschiedenen Studien aufgezeigt, dass produktionsseitige Massnahmen alleine ein zu geringes Reduktionspotenzial haben. Das Reduktionsziel kann nur durch eine gleichzeitige Umstellung der landwirtschaftlichen Produktion in Verbindung mit einer Ernährungsumstellung hin zu vermehrt pflanzlichen Nahrungsmitteln erreicht werden. 

Dabei geht es nicht darum, ganz auf Fleisch und Milchprodukte zu verzichten. Zwei Drittel der Schweizer Landwirtschaftsfläche sind Grasland und können nur über die tierische Produktion genutzt werden. Für die aktuelle Fleischproduktion müssen aber jedes Jahr 1,3 Millionen Tonnen Futtermittel importiert werden. Das entspricht einem über 400km langen Güterzug. Und auf 40% der uns zur Verfügung stehenden Ackerflächen werden Futtermittel angebaut. Würden diese Flächen vermehrt für die Produktion von Nahrungsmitteln genutzt, könnten wir den Selbstversorgungsgrad der Schweiz massiv steigern.

Der übermässige Fleischkonsum ist auch aus gesundheitlicher Sicht bedenklich. Laut der nationalen Ernährungserhebung menuCH von 2014/15 essen wir dreimal mehr Fleisch und Fleischprodukte, als gemäss der Lebensmittelpyramide empfohlen wird. Es besteht ein klarer Zusammenhang zwischen einem übermässigen Fleischkonsum und vielen nicht übertragbaren Krankheiten wie Krebs, Diabetes oder Herz-Kreislauf-Krankheiten. Diese verursachen neben grossem persönlichem Leid auch Gesundheitskosten von 50 Milliarden pro Jahr. Die Vermeidung solcher Krankheiten ist deshalb ein wichtiges Ziel der Gesundheitspolitik.

Mögliche Handlungsfelder für eine Reduzierung des Fleischkonsums sind:

Zollsätze an Nachhaltigkeitskriterien knüpfen

Änderungen bei der Lebensmittelproduktion sind grundsätzlich nur im Gleichschritt mit Änderungen beim Konsum sinnvoll, da sonst einfach auf importierte Lebensmittel ausgewichen und das ökologische Problem ins Ausland verlagert wird. Es gibt aber auch einen politischen Hebel, um die Importe nachhaltiger zu gestalten: der Zollschutz für Agrargüter. 

Um das Zusammenspiel zwischen Inlandproduktion und Importen zu optimieren und beides auf Nachhaltigkeit auszurichten, sollen die Zollsätze und Kontingente für Agrargüter an Nachhaltigkeitskriterien geknüpft werden. So können nachhaltig hergestellte Produkte durch einen verbesserten Zugang zum Schweizer Markt gefördert werden. Wie in internationalen Handelsbeziehungen zwischen nachhaltig und weniger nachhaltig produzierten Agrargütern unterschieden werden kann, ohne dabei wichtige Grundsätze des Handelsrechts – insbesondere das WTO-Regelwerk – zu verletzen, zeigt eine Studie des Centre for Development and Environment der Universität Bern. Ich verlange vom Bundesrat in einem Postulat, zu prüfen, ob und wie die Zollsätze und Kontingente für Agrargüter an Nachhaltigkeitskriterien geknüpft werden können. Mehr dazu hier.

Werbung für importiertes Billigfleisch einschränken

Die aggressive Vermarktung und Bewerbung von Fleischaktionen dienen oft einzig als Frequenzbringer, um die Konsumentinnen und Konsumenten in die Geschäfte zu locken und zu weiterem Konsum zu animieren. Dabei stammt das unter Wert verkaufte Fleisch häufig aus ausländischer Produktion, die nicht den Standards der Schweizer Landwirtschaft, etwa im Bereich des Tierwohls oder der Ökologie entspricht. Solche Werbe- und Vermarktungsstrategien mit Billigfleisch setzen die Fleischpreise unter Druck und untergraben so die Wertschöpfung der landwirtschaftlichen Betriebe in der Schweiz. Um die bäuerliche Wertschöpfung zu sichern, sollen darum Werbe- und Marketingstrategien mit Billigfleisch eingeschränkt werden. Mehr dazu in meinem Postulat.

Absatzförderung neu denken

Die Absatzförderung für landwirtschaftliche Produkte, insbesondere jene für Fleisch, steht regelmässig in der Kritik, weil es sich um eine klima- und biodiversitätsschädigende Subvention handelt. Es wäre nun aber schade, mit der Absatzförderung eines der wenigen konsumseitigen Instrumente der Agrar- und Ernährungspolitik leichtfertig aus der Hand zu geben. Denn es handelt sich um Informations- und Sensibilisierungskampagnen zur Ernährung, die von den Branchenverbänden gemacht und vom Bund zur Hälfte finanziert werden. Es ist deshalb zu prüfen, ob und wie die Konsumentinnen und Konsumenten im Rahmen der Absatzförderung auch über die gesundheitlichen, sozialen und umweltbezogenen Aspekte der Ernährung informiert werden können, ohne dabei das ursprüngliche Ziel der Absatzförderung – die Erhöhung der Konsumpräferenzen für Schweizer Produkte – zu unterlaufen. Das neue Motto wäre dann: «Weniger Fleisch – aber wenn, dann aus der Schweiz». Mehr dazu hier. 

Öffentliche Beschaffung
Der Bund, aber vor allem die Kantone und Gemeinden betreiben in ihren Verwaltungen, Betrieben, Schulen, Spitälern und in anderen öffentlichen Einrichtungen eine grosse Zahl an Kantinen, Mensen und Cafeterias. Der Bund soll mit einer nachhaltigen öffentlichen Beschaffung eine Vorbildrolle bei der Reduzierung des Fleischkonsums einnehmen. Er soll die Kantone und Gemeinden für das Ergreifen entsprechender Massnahmen gewinnen und sie auf diesem Weg unterstützen.

Förderung von Fleischersatzprodukten
Fleischersatzprodukte erfreuen sich einer zunehmenden Beliebtheit. Eine vermehrte Herstellung dieser Produkte in der Schweiz stärkt den Produktionsstandort und der Anbau der pflanzlichen Proteinquellen eröffnet der Landwirtschaft neue Möglichkeiten in einem wachsenden Markt. Der Bund soll in seiner Information an die Bevölkerung und die Gastronomie vermehrt auf die gesundheitlichen und ökologischen Vorteile der pflanzlichen Alternativen zu Fleisch hinweisen. Er soll im Rahmen der KMU-Politik und der Innovationsförderung die Innovation und Entwicklung im Bereich der pflanzenbasierten Fleischersatzprodukte stärker berücksichtigen und deren Konsum mit Mitteln der landwirtschaftlichen Absatzförderung fördern.

Prävention im Rahmen der Ernährungsstrategie
Analog zu den Präventionsmassnahmen beim Zucker-, Fett- und Salzkonsum soll der Bund den Fleischkonsum als weiteren Präventionsschwerpunkt in die Ernährungsstrategie aufnehmen und die Bevölkerung mit einer Informations- und Sensibilisierungskampagne auf die gesundheitlichen Folgen eines übermässigen Fleischkonsums aufmerksam machen. Ein mögliches Gefäss für diese Kampagne wäre die Absatzförderung. Mehr dazu hier. 

Anpassung des Angebots in der Gemeinschaftsgastronomie
Fast 40 Prozent der Lebensmittelausgaben werden für den Ausserhauskonsum ausgegeben. Im Rahmen der Initiative actionssanté soll der Bund mit den grossen Anbietern im Bereich der Gemeinschaftsgastronomie ein Übereinkommen zu einer freiwilligen Reduzierung des Fleischangebots treffen und die Schweizer Qualitätsstandards für eine gesundheitsfördernde Gemeinschaftsgastronomie entsprechend anpassen.